11.01.2018, ein Anruf erfolgte, ein Werbeanruf. Ganz bestimmt nur mit „besten Absichten für den Kunden“:
Dem Mitbewohner eines Haushalts werden die Vorteile aufgezählt, wenn er einem Produktwechsel seines Kommunikationsvertrages (Internet & Telefon) zustimmt, darunter fünf Euro Preisnachlass pro Monat für das erste Jahr. Die Nachteile, die mit einer Vertragsumstellung einhergehen, technisch bedeutsame Details, nämlich dass der Telefonanschluss von einem hochverfügbaren Analoganschluss auf einen VoIP-Anschluss umgestellt werden, werden wenn überhaupt, dann nur am Rande erwähnt. Suggestiv wird das Gespräch geführt, dass die Umstellung praktisch nur Vorteile bringt. Wer kann sich da schon verweigern?
„Ja“ sagt die B-Teilnehmerin, auch Mitbewohnerin genannt. Ihrerseits gar nicht mal Vertragsinhaberin, aber das interessiert die A-Teilnehmerin alias Dame von der Hotline natürlich wenig. Die Dame bedankt sich für die Einwilligung in einen Produktwechsel, will alles veranlassen. Die Mitbewohnerin fragt nach, ob sie das noch schriftlich zur Durchsicht bekäme. Die Antwort bleibt unklar.
Wenige Minuten später kann per Email bereits die „Danksagung zum Produktwechselauftrag“ im Postfach vorgefunden werden. Mit Widerrufsbelehrung, wie sich das gehört, hier ein Auszug:
Auftragsbestätigung zu Ihrem Produktwechsel
Sehr geehrter Herr Kunde,
vielen Dank für Ihren Produktwechselauftrag. Wir freuen uns, dass Sie sich für o2 DSL All-in M entschieden haben.
Die Freischaltung Ihres Anschlusses erfolgt am 26.01.2018 zwischen 8.00 und 16.00 Uhr. Bitte stellen Sie sich darauf ein, dass Sie an diesem Tag bis zur Freischaltung nicht telefonieren können.
Beunruhigt und mit dem schlechten Gefühl, die Folgen des Vertrag nicht wirklich verstanden zu haben und möglicherweise zur falschen Zeit freundlich gewesen zu sein, nämlich der Hotlinemitarbeiterin gegenüber, werde ich gerufen. Um die Lage zu checken – und den Schaden ggf. zu begrenzen.
Kurz was aufgesetzt:
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich widerrufe vorsorglich die von Ihnen per Email angekündigte Vertragsverlängerung!
Als Vertragsnehmer habe ich selbst zu keiner Zeit einer Vertragserklärung abgegeben und weise darauf hin, dass Ihre Schreiben von sich aus daher gegenstandslos ist.
Ich widerspreche weiterhin der telefonischen oder schriftlichen Kontaktaufnahme durch Ihr Unternehmen. Insbesondere sind darunter Kontaktaufnahmen zur Vertragsveränderung oder für werbliche Zwecke zu verstehen. Ausnahmen stellen ausschließlich die Zustellung relevanter Unterlagen wie Kündigungsbestätigungen oder Rechnungen dar, sofern sie zur Erfüllung des laufenden Vertrags unabdingbar sind.
… und abgeschickt.
Zurück kommt die Bestätigung:
Guten Tag, vielen Dank, dass Sie am 14.01.2018 Kontakt per E-Mail mit uns aufgenommen haben. Sie brauchen rasch Antwort. Deshalb werden wir uns schnellstmöglich um Ihr Anliegen kümmern und Ihre Fragen beantworten. Bis dahin: Danke für Ihre Geduld.
Sollte eigentlich verstanden worden sein, oder?
Vierzehn Tage später, der angedrohte 26.01.2018: Das Telefon streikt. So tot, wie eine Telefon nur sein kann. Eine ominöse Box soll per Post zugestellt werden – die Annahme wird verweigert. Schließlich hat man ja auch nichts bestellt!
Es folgen verzeifelte (Mobilfunk-)Anrufe des Anschlussinhabers bei diversen Hotlines, die pauschal und paraphrasiert immer die selbe Antwort tragen: „Der neue Vertrag wird ausgeführt, davon abgesehen wäre in Kürze sowieso zwangsweise auf VoIP umgestellt worden. Mit der Anschluss-Box, deren Annahme verweigert wurde, hätte man gleich weiter telefonieren können.“
Dass dies blanker Hohn ist, braucht kaum erwähnt zu werden. Allein die hausinterne Verkabelung lässt einen „hoppla-hop“-Umstieg schon gar nicht zu, da der Splitter die Amtsleitung am Übergabepunkt in zwei unterschiedliche Richtungen verteilt: Die Telefonfrequenzen in die Küche zum alten Telefon und die Datenfrequenzen ins Büro, an welcher der Router samt PC angeschlossen ist.
Ich sehe Handlungsbedarf und versuche zu vermitteln, nicht zuletzt mit der ständigen Nachfrage an die Hotline-Mitarbeiter nach dem Verbleib des eingesandten Widerrufs vom 14.Januar. Der Widerruf sei nicht dokumentiert im System, wir sollten ihn erneut senden mit dem Hinweis auf die bereits erfolgte Erstzustellung. Interessant!
Da zumindest der Telefonanschluss nun nicht mehr nutzbar ist – auf der analogen Leitung kommt die Ansage, dass das Telefonieren damit nicht mehr möglich sei – frage ich nach den SIP-Zugangsdaten, um die Telefonie schon mal über eine Fritzbox wiederherzustellen. Die Aussage der Hotline: Diese SIP-Zugangsdaten seien erst nach Technologiewechsel verfügbar und würde vom System generiert. Allerdings funktioniere die Telefonie mit der ominösen „Homebox 2“ jetzt bereits, deren postalische Annahme bereits zwei Mal verweigert wurde. WTF?
Ein weiteres Schreiben vom Provider trudelt drei Tage später ein: Die Technologieumstellung würde nun am 08.02.2018 erfolgen, es sei mit einer kurzen Serviceunterbrechung zu rechnen. Ein Witz, den höchstens der Betreiber lustig finden könnte. Im Schreiben enthalten sind auch SIP-Zugangsdaten, die jedoch (noch) nicht funktionieren. Was hat der Betreiber eigentlich am 26.01.2018 gemacht, außer der Demolierung des Analoganschlusses?
Man beugt sich. Die Telefonie wird fürs Erste dann doch über die „Homebox 2“ wiederhergestellt (in der Drittzustellung wird die HomeBox, die niemand wollte, dann doch angenommen). Was will man sonst machen? Ein bereits konsultierter Anwalt würde den Anschluss leider auch nicht in so kurzer Zeit richten können.
Hier ein Auszug aus dem Schreiben vom 29.01.2018:
Technologiewechsel für Ihren O2 DSL Anschluss
Sehr geehrter Herr Kunde,
am 08.02.2018 zwischen 8.00 und 16.00 Uhr stellen wir Ihren O2 DSL-Anschluss auf eine moderne, zukunftssichere Anschlusstechnik um. Bitte stellen Sie sich darauf ein, dass Sie in dieser Zeit vorübergehend nicht telefonieren können.
Für Sie entstehen dadurch keinerlei Kosten und Ihr vorhandener Vertrag bleibt unverändert bestehen.
Mit der VDSL-Technologie erhalten Sie mehr Bandbreite, die sich auf viele verschiedene Anwendungen positiv auswirken kann. Durch einen Wechsel auf unsere Highspeed DSL-Produkte können Sie das Mehr an Bandbreite auf Wunsch direkt aktivieren. Weitere Details finden Sie online auf www.o2.de oder in unseren Shops – wir freuen uns auf Ihren Besuch.
Sie wechseln auf einen Anschluss mit Voice over IP-Technologie. In den meisten Fällen sind die Endgeräte wie z.B. Telefon, Fax, Alarmanlage oder Hausnotrufanlagen sowie EC-Cash Geräte für diese Technologie bereits geeignet. Sollten Sie ältere Geräte verwenden, empfehlen wir Ihnen, diese bis zum Umschaltungstermin zu überprüfen (ggf. ist ein Update auf den aktuellen Standard erforderlich). Bei Fragen wenden Sie sich bitte an den Hersteller des jeweiligen Gerätes.
Ihre Anwesenheit ist nicht erforderlich, da die Umstellung ohne einen Technikereinsatz durchgeführt wird.
Weitere wichtige Informationen zu Ihren Zugangsdaten und zur Installation der technischen Geräte finden Sie auf der nächsten Seite.
Zusammengefasst:
Nach dem „falsch verstandenen“ Wunsch nach Vertragsänderung durch die Hotline am 11.01.2018 wird schon vierzehn Tage danach und ohne jeden nachvollziehbaren Grund die Analogleitung stillgelegt, trotz Widerrufs. Die Internetverbindung bleibt funktionell. Zwangsweise soll der Kunde eine „Homebox 2“ anschließen, in der die SIP-Zugangsdaten irgendwie gespeichert sind, während man diese dem Kunden ansonsten erstmal nicht mitteilen will. Gibt es irgend eine plausible Erklärung für diese Vorgehensweise? Ansonsten ist mittlerweile klar, dass die Leitung von ADSL2+ auf VDSL umgestellt wird. Offensichtlich war dies O2 vorher selbst nicht klar, denn im ersten Schreiben vom 11.01.2017 war von VDSL noch keine Rede. Warum jedoch die Analogleitung nicht bis zum Umklemmen der Leitung (dem Technologiewechsel) am Straßenverteiler für den Kunden in Betrieb bleibt, bleibt rätselhaft.
Ende gut, alles gut?
Nach dem endlich und trotzdem zwangsweise erfolgten „Technologiewechsel“ wird die „Homebox 2“ wieder eingepackt und die Fritzbox nimmt ihren Platz ein, die SIP-Zugangsdaten funktionieren nun wie angekündigt. Aber auch nur an genau diesem Internetanschluss – entgegen der Aussage eines Hotline-Mitarbeiters der aussagte, die SIP-Telefonie gänge auch sonst überall.
Ein letztes Schreiben von Telefonica attestiert die Kenntnisnahme meines Widerrufs vom 14.01.2018: Man hätte die Mindestvertragslaufzeit storniert. Diese ist nun auf vier Wochen gemindert. Damit kann man leben.